1.Teilbericht 2.Etappe 21.11. aus Punta Arenas

Die neuen Gaestebucheintragungen haben wir uns in Punta Arenas - von Feuerland zurueck auf dem amerikanischen Kontinent - durchgesehen. Es ist wie beim Topfschlagen auf Kindergeburtstagen. Wenn endlich die Internet-Verbindung glueckt, ist die Freude ueber die neuen Eintragungen gross.

In Ushuaia (Ende des letzten Berichts) mussten wir auf die neuen in Comodoro Rivadavia georderten Reifen warten. Wir nutzten die Zeit zu einer Bergwanderung auf den Cerro Guanaco, um einmal die wunderschoene Landschaft aus der Vogelperspektive zu bewundern. Petrus belohnte uns mit einem Sonnentag, wie wir ihn vorher und auch spaeter nicht wieder erlebt haben. In der Mittagszeit lagen wir - das heisst wir drei und unsere neuen Schweizer Freunde Carola und Reto, die zusammen auf einer Africa Twin ebenfalls in Richtung Alaska unterwegs sind - bei relativer Winstille in 1000 Meter Hoehe ueber dem Beagle-Kanal und liessen uns von der Fruehlingssonne bescheinen.
Die Zeit haette stehen bleiben koennen.

Nachdem wir die neuen Reifen hatten aufziehen lassen (Transalp) bzw. selbst aufgezogen hatten (KTM), dem Kilometer 0 der Panamericana den obligatorischen Anstandsbesuch gemacht hatten,

brachen wir am 17.November zur naechsten Etappe auf. Ushuaia zeigte sich bei unserer Abfahrt noch einmal, so wie es sich gehoert. Argentinier hatten uns schon vorher gesagt, dass man in Ushuaia alle 4 Jahreszeiten an einem Tag erleben kann. So ein Tag war unser Abfahrtstag. Sonnenschein mit schoensten schneebedeckten Berggipfeln bei der Abfahrt. Aber das dicke Ende mit Regen und Sturm nahe 0 Grad liess dann nicht lange auf sich warten.

Die Schotterpiste blieb dennoch gut fahrbar, verwandelte sich 100km spaeter hinter Tolhuin wieder in Asphalt, so dass wir gut vorankamen. Den Abend und die folgende Nacht verbrachten wir in Rio Grande bei Freunden der Estancia-Familie, die uns fuer ein Stop-over eingeladen hatten.

Unsere Gastgeber sind Aerzte (Kardiologe und Gynaekologin aus Buenos Aires bzw. Urugay mit engen Familienbeziehungen nach Europa). Sie sind von der Rauheit, der Menschenleere und der Urspruenglichkeit Patagoniens so angezogen, dass sie hier ihren Lebensmittelpunkt gewaehlt haben. Unser kurzer Aufenthalt laesst uns die Anziehungskraft Patagoniens nur erahnen. Die unendliche Weite, in der die wenigen Menschen sich untereinander vielmehr bedeuten als dies inder uns vertrauten Massengesellschaft moeglich ist.

Der naechste Fahrtag bringt uns den Abschied von Feuerland. Bei Sonnenschein und Sturm lassen wir es ueber die Piste nach Porvenir fliegen, um die 90 km/h, manchmal mehr, selten weniger. Die hoffnungslose Ueberladung der Transalp hat an diesem Tag ihre Vorteile, 1 1/2 Zentner Uebergewicht macht sie unempfindlich auch gegen die haertesten Sturmattacken.

Feuerland verabschiedet sich standesgemaess. Die Faehre nach Punta Arenas - eine Nussschale mit aufklappbarem Bug - ist durch Wind und Seegang gezeichnet. Durch eine nasse Ladeflaeche, Essensreste seekranker Reisender, etc. Dort, wo es noch nicht rutschig genug ist, muessen die Matrosen mit Kernseife nachgeholfen haben, denn so gut wie im Stand rutscht die Transalp unter mir weg und trotz Acerbis-Schutz ist der Handbremshebel ab. Aber alles hat sein Gutes. Ich bin so sauer, dass ich nicht seekrank werde,

sondern drei Stunden lang darueber nachdenke, wie ich ohne Bremshebel von diesem arschglatten Schiff wieder runterkommen soll.

Ende gut, Alles gut. Die Transalp steht nach einer Bremshebeltransplan- tation (alten Bremshebel abgesaegt und das fehlende Teil auf den verbliebenen Stumpf aufgeschweisst)auf dem bewachten Hinterhof eines bescheidenen Hotelchens. Operationen dieser Art scheinen eine chilenische Spezialitaet, nachdem in ganz Chile die Hauptstadt eingeschlossen nur noch ein Ersatzhebel fuer eine 90er Transalp zu haben ist.



Wir lernen die Stadt kennen, die ihre Bluetezeit als Anlaufhafen in der Magellanstrasse hatte, mit vielen schoenen Stadtvillen aus der Zeit um 1900. Mit der Eroeffnung des Panamakanals war diese Bluetezeit zu Ende.


Punta Arenas macht uns aber auch heute den Eindruck einer lebendigen, verhaeltnismaessig wohlhabenden und gut organisierten Stadt.

Wetter ist relativ. Stuermen tut es hier wohl immer. Gestern so stark, dass es die KTM vom Hauptstaender (bergauf, auf Asphalt, in Windrichtung sorgsam aufgestellt) gerissen und so auf die Seite gehauen hat, dass ein Loch im Tank war. Die Reparatur ging schnell. Heute morgen eisiger Sturmregen, Ausflug abgebrochen.
Jetzt Sonnenschein und Fruehsommerwetter. Gaby protestiert, will raus. Ich soll endlich aufhoeren zu schreiben.


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