6.Etappe

aus Mazatlan/Mexico an der Pazifikkueste, Faehrhafen fuer die Ueberfahrt nach Baja California. Inzwischen liegen 27 000 km und 7 ½ Monate Reisezeit hinter uns.

Als Folge unseres Faulenzerlebens in Jaco/Costa Rica – unserer letzten Berichtsstation – mussten wir Gas geben, um Zeit gut zu machen. Wir fuhren in 14 Tagen ueber 3500 km durch 5 Laender.

Das klingt wie "Blind durchrasen", war es aber nicht. Natuerlich muss man sehr viel mehr Zeit investieren, wenn man jedes Land nur einigermassen kennenlernen will. Aber das ist dann eine andere Reise. Wenn man sich wie wir die Panamericana vorgenommen hat, muss man sich, so schwer es auch faellt, mit Einzeleindruecken begnuegen. Und davon gab es in den zurueckliegenden 2 Wochen, abgesehen von der Fahrerei, jede Menge. Die Tage waren angefuellt mit unzaehligen Erlebnissen, beglueckenden Begegnungen und spannenden kulturellen Erlebnissen. Nur ich scheine unter dem Marathon durch das zentralamerikanische Verkehrschaos gelitten zu haben. Sehe ich doch auf dem nachfolgenden gemeinsamen Foto von Gaby und mir in Guadalajara ziemlich ausgelaugt aus.



Bevor es nun auf Deutsch losgeht und ich als erstes ueber mein Rendezvous mit dem Stachelrochen berichte, gibt es wieder zunaechst eine Zusammenfassung fuer meine Spanisch- sprechenden Freunde.

Resumen de Mazatlan/Mexico , puerto de embarcacion a Baja California. Despues de 7 ½ meses de viaje y 27 000 km recorridos.

El ultimo dia de nuestra parada a Jaco habia un pescado que ha enriquezido mi vocabulario Español. Sin este pescado no sabia hasta hoy que significa "mantaraya". Pero gracias a su actividad nunca olvidare la importancia de esta palabra. Pero tengo que confesar que prefiero otras maneras de mejorar mi vocabulario. Aprender con la ayuda de una mantaraya me parece demasiado cruel si eficaz que sea.

En los ultimos dos semanas hemos hecho 3 500km y hemos pasado 5 paises. Hemos recorrido Costa Rica, despues Nicaragua con una parada en Granada, en Honduras estuvimos 4 dias y hemos visitado Copan, un sitio arqueologico de Mayas.´Despues en Guatemala-City tuvimos buena suerte. A causa del equipaje pesante y las carreteras malas en America del Sur dos rayos de la rueda trasera eran rotos. Habiamos buscado estos repuestos para la Transalp en vano en Ecuador, Panama y Costa Rica. Pero en Guatemala-City en la grande tienda/taller Moto Honda los hemos encontrado. Y no solamente eso. Pero tambien un servicio perfecto junto con una grande amabilidad. Gracias a todos, especialmente a Carlos de la Cerda Littow (Ver la foto mas abajo).

De Guatemala hemos entrado en Mexico. La gente nos habia prevenido de los problemas cuando se quiere pasar las fronteras en Centroamerica. Nosotros, Gaby y yo, hemos hecho una experiencia totalmente diferente. Ninguna vez hemos conocido algun problema. Siempre estuvimos tratados correctamente. Ademas casi siempre los funcionarios y los soldados nos deseaban un buen éxito de nuestro viaje.

En Mexico visitamos dos sitios precolombianos, el Monte Alban y Teotihuacan. Los dos sitios eran muy impresionantes y nos demostraban que ya en los tiempos dos mil años atrás una cultura humana muy alta no existia solamente en paises de Europa y Asia, pero tambien aquí en los paises de Centroamerica.

La tarde y la noche que nos gustaba mas en Mexico pasabamos en La Piedad, una ciudad 200 km al este de Guadalajara. Llegando a La Piedad muy cansado despues de 450 km de viaje sin una parada encontramos par pura causalidad Alipio J.Glez. de la Mora, motociclista desde su niñez, hoy medico y presidente del Moto Club La Piedad. Nos ayudo de instalarnos en un hotel muy bueno y economico. Despues conocimos su moto, una Honda Africa Twin, su familia y especialidades Mexicanas (queso de cerdo). Era una lastima que no podiamos quedar mas tiempo y hacer una excursion con Alipio en moto. Despediendonos prometimos de encontrarnos una vez mas en esta vida. Me siento feliz de conocer este modelo de nuestra familia internacional de motociclistas. Muchas gracias por todo y un buen éxito para la reunion de los motociclistas Mexicanos en Zapatecas este año.

Hemos llegado a Mazatlan, hemos comprado los tiquets y esperamos ahora que el ferry sale a Baja California.



Wenn ich mir heute das Foto der Bucht von Jaco ansehe, wundert es mich nicht, dass aus dem geplanten Stop-over ein Kurzurlaub von knapp einer Woche wurde.

Palmen wedeln im Wind, dahinter rollt das tuerkisblaue Wasser in gleichmaessigen Wellen heran. Auf der Terrasse liegt das Body-Board und braucht nicht lange zu warten, bis es wieder mit einem von uns ins Wasser darf. Wenn man eine Welle richtig erwischt, ist das Gluecksgefuehl gross. Das Ganze dauert nur Sekunden, aber sie erfuellen eine noch lange Zeit, Tage und Wochen danach.



Wenn man meint, man muesste einmal etwas anderes machen, wird man auch nicht enttaeuscht. Der Urwald beginnt gleich auf der anderen Strassenseite. Eine ueberbordende Pflanzenwelt, die mich an meine Kindertage im Palmengarten in Frankfurt und an die Gewaechshaeuser erinnert, in denen ich staunend von einem Blumentopf zum anderen zog und mir dabei die Welt der Tropen ausmalte. Die Realitaet uebertrifft meinen kindlichen Phantasiedschungel bei Weitem. Und nicht nur deshalb, weil ich damals Affen, Voegel und sonstiges Getier schlicht vergessen habe.



Am Aufbruchsmorgen war alles vorbereitet. Die Sachen waren gepackt. Das Moto stand startbereit im Hof. Nur noch einmal Body-Surfen. Wir wurden nicht enttaeuscht. Die Wellen passten, Fischschwaerme um uns herum. In den Wasserwaenden der Wellen, bevor sie sich brechen, konnte man die Fische wie hinter Glas beobachten. Beim Rausgehen im knoecheltiefen Wasser wurde mir dieser urploetzlich fast abgeschnitten. Ein tiefer messerscharfer Stich bis aufs Gelenk, teuflischer Schmerz und Blut, Blut, Blut. Ich denke immer, ich bin nicht zimperlich. Aber das war eine neue Erfahrung. Dagegen kamen mir meine drei Rippen eher harmlos vor. Und auch nach einiger Zeit wurde es nicht besser, eher umgekehrt. Der Fuss blieb zwar dran, wurde aber immer dicker. Auch das noch. Also ab ins Taxi und zum Doktor. Schon die medizinische Beratung des Taxifahrers war beruhigend. Er schien die Verletzung zu kennen. "Una mantaraya", was das auch immer ist.

Heute weiss ich es. Ein Stachelrochen. Er tut richtig weh, ist aber nicht lebensgefaehrlich. Man muss nur wissen, was zu tun ist. Nicht jammern, klagen oder "Mama" rufen, sondern heisses Wasser aufsetzen. Das heisse Wasser lindert den Giftschmerz. Wer auf Nummer Sicher gehen will, kann sich noch gegen allergische Reaktionen und Entzuendungen eine Spritze geben lassen.

Am naechsten Morgen waren die Schmerzen vorbei und der Start wurde endgueltig. Diesmal war es Gaby, der unser Aufbruch besonders schwer fiel. Nicht nur das Ende des paradiesischen Strandlebens, sondern auch die Trennung von unseren neuen Freunden, Leo und Jean mit ihrem Sohn Roger und seiner Frau Mary Ann, machte ihr zu schaffen. Wir hatten die meisten Abende mit Leo und Jean verbracht, viel erzaehlt und Karten gespielt.

Leo und Jean, beide Anfang 80, seit knapp 60 Jahren miteinander verheiratet, so urspruenglich amerikanisch, wie man es sich besser nicht vorstellen kann. Sie gehoeren zu der Generation von Amerikanern, die nach dem 2.Weltkrieg fuer die Deutschen im Westen sehr viel getan hat. Zunaechst Care-Pakete – wer weiss das heute noch – naemlich Nahrungsmittelsendungen fuer die hungerleidende Bevoelkerung, dann vieles mehr, ich erinnere nur an die Luftbruecke nach Berlin, und am Ende eine Wiedervereinigung als Teil der westlichen Welt. Es haette – ohne die Amerikaner – auch anders kommen koennen. Mir hat es gut getan, mit Leo und Jean ueber die Zeit zu sprechen, die sie gepraegt hat.



Ich gebe zu, ich hatte einigen Horrror vor den vor uns liegenden Grenzuebergaengen in Centroamerica. Zu viele Geschichten ueber endlosen Papierkrieg, Wartereien, Kontrollen und Schikanen. Am Ende sei alles nur durch Bestechungsgelder zu meistern. Mein Horror kam nicht von ungefaehr, denn fuer diese Art von Kooperation bin ich denkbar ungeeignet. Woran erkennt man, wenn einer bestochen werden will? Zwinkert er mit dem linken oder mit dem rechten Auge oder scharrt er vielleicht mit dem Fuss? Wenn ich 5 Dollar in den Pass lege, ist es vielleicht zu wenig und er ist beleidigt, oder zu viel und er denkt, ich habe wirklich Dreck am Stecken. Oder ich treffe auf den einzigen anstaendigen Beamten und dann ist der Aerger noch groesser. Am Ende sah ich mich immer im Gefaengnis oder mit einer Binde vor den Augen, um standrechtlich erschossen zu werden.

Nun sind wir bereits in Mexico und nichts von dem ist eingetreten. Wir wurden an allen Grenzuebergaengen korrekt behandelt. Durchschnittliche Bearbeitungszeit fuer Ausreise und Einreise eine halbe bis dreiviertel Stunde. Grosses Interesse an unserer Motorradtour, keine ernstzunehmenden Kontrollen, vielmehr immer gute Wuensche fuer unsere Weiterfahrt. Wie soll man sich das erklaeren? Vielleicht haben sie mich als einen hoffnungslosen Fall erkannt, den man am besten gleich weiterfahren laesst. Wenn es allerdings nicht an mir liegt, werden die Schauermaerchen wohl Schauermaerchen sein.

Mit einer Ausnahme, der Desinfizierung des Motorrads bei der Einreise von Costa Rica kommend nach Nicaragua. Desinfizierungsmassnahmen, die die Uebertragung von Pflanzen- und Tierkrankheiten verhindern sollen, hatten wir bereits mehrfach auf unserer Fahrt kennengelernt. Sie waren kostenlos und unser Mopped wurde immer davon ausgenommen. Diesmal kostete es Geld und musste sein.

Seit ein Idiot in Quito beim Wechseln des Vorderreifens die Bremsscheiben mit Oel bearbeitet hatte, damit sie besser aussehen und nicht so leicht rosten, reagiere ich auf das Bespruehen der Bremsscheiben allergisch. Die beste aller Sozias nicht weniger, nachdem sie mich als Luegner entlarvt hat und nicht mehr glaubt, dass ich notfalls das Mopped auch wie ein Inline-Skater mit einem Powerslide zum Stehen bringen kann. Und dann ging das Theater richtig los.

Waehrend ich noch darueber verhandelte, dass die Beamten ihre Kroeten auch ohne Desinfektion behalten koennten, wurde der Mann an der Spritze aktiv. Er hatte die Krankheitserreger offensichtlich gerade auf meinen Bremsscheiben entdeckt und war zum Angriff uebergegangen. Das wollte die beste aller Sozias, naeher am Tatort, nicht zulassen und wurde handgreiflich. Wie singen die Italiener? "Cosi piccola e fragile" So klein und zerbrechlich und dann Widerstand gegen die Staatsgewalt. Das Tohuwabohu war jedenfalls riesig und wird allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben.

Aber Nicaragua gab uns ohnenhin einiges zum Nachdenken auf. Das Land verfuegt ueber sehr schoene Naturlandschaften mit zwei riesigen Binnenseen, aus denen Vulkane herausragen. Sie liegen nahe der Pazifikkueste. Das nachfolgende Bild zeigt den Lago Nicaragua mit dem Vulkan Concepcion. Der See ist nicht nur schoen anzusehen, sondern noch dazu das heimische Gewaesser des besten Suesswasserfisches, den es gibt. So die Ueberzeugung der Einheimischen. die ich teile. Er heisst Guapote.



Nach unseren Eindruecken, die wir auf unserer Durchreise gewannen, sieht Nicaragua mit Abstand aermer aus, mehr heruntergekommen und viel, viel dreckiger als die anderen von uns bereisten Laender Centroamericas. Das gilt sowohl fuer das platte Land als auch fuer die Ortschaften und trotz einiger Restaurierungsarbeiten auch fuer die eigentlich sehr schoene Kolonialstadt Granada, die wir besucht haben.

Der Dreck ist ueberhaupt erschuetternd. Wenn man sich ueberlegt, dass es den Wegwerfmuell in diesen Laendern erst seit 15 bis 20 Jahren gibt, wage ich mir nicht vorzustellen, wie es hier in einigen Jahren aussehen wird. Schon heute hat man immer wieder den Eindruck, als ob der Muell links und rechts der Strasse flaechenddeckend ist. Fenster auf und raus damit. Wenn schon nicht die ganze Menschheit, so werden wohl diese Laender in ihrem eigenen Muell ersticken. Ich habe da wenig Hoffnung.

Es bleibt mir allerdings unerklaerlich, warum gerade Nicaragua hier den Vorreiter spielt. Als ob der Ausflug in den Sozialismus, der das Land offensichtlich weit zurueckgeworfen hat, wenigstens in der Ausbreitung des Muells erfolgreich gewesen waere. Was sagen Marx und Engels dazu? Ich bin nicht genuegend 68er, um zu wissen, wie die Diktatur des Proletariats mit der Diktatur des allgegenwaertigen Muells zusammenhaengt.

Das ist jetzt unfair. Ich weiss. Eigentlich heisst es: "De mortiis nihil nisi bene." Oder "Ueber Tote soll man nichts als Gutes sagen." Aber ich kann nicht anders. Was Lateinamerika betrifft, will es mir nicht aus dem Kopf. Die Rolle der Sandinisten, die Rolle Castros als Haetschelkinder Moskaus waren nur moeglich, weil sie im Hauseingang der Vereinigten Staaten gespielt wurden. Haetten diese Laender im Vorhof des Kreml gelegen, das sowjetische Geschichtsbuch waere nach dem 17.Juni, der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands und dem Einmarsch in die CSSR noch um einige traurige Kapitel reicher gewesen.

Das klingt jetzt wie Kommunistenfresser. Bin ich aber nicht. Wenn ich mich fuer etwas interessiere, dann dafuer, die Realitaet besser zu verstehen und Irrlehren als das zu bezeichnen, was sie sind. Erst recht dann, wenn sie die davon betroffenen Menschen teuer zu stehen kommen.

In der wichtigen Frage des Stellenwerts lateinamerikanischer Laender in der US-amerikanischen Aussen- und Wirtschaftspolitik ist – wie bei einer Grossdemonstration in Oaxaca/Mexico gegen internationale Schuldentilgung, Privatisierung staatlicher Unternehmen, etc. - der Bezug auf sozialistische Loesungsmuster und in Ehren ergraute Revolutionsidole wie Che Guevara schlicht laecherlich. Eigene solide politische Strukturen und Einigkeit der lateinamerikanischen Laender untereinander gegenueber den USA, das waere es, was Ausbeutung verhindern und den eigenen Einfluss auf eine positive, allen zugute kommende Entwicklung erhoehen koennte.

Damit kein Missverstaendnis aufkommt. Das US-amerikanische Geschichtsbuch gehoert auch nicht zu meiner Lieblingslektuere. Unter welchen Fehlern die Menschen allerdings mehr bzw. weniger gelitten haben, steht fuer mich ausser Frage.

In Honduras, dem naechsten zentralamerikanischen Land, haben wir weit mehr als nur die kuerzeste Durchfahrtsstrecke zurueckgelegt, naemlich gute 700 Kilometer. Das hatte mehrere Gruende. Die Durchreise ueber El Salvador nach Guatemala waere sehr viel schneller gegangen, aber nach dem letzten Erdbeben im April soll dort heute noch Ausnahmezustand herrschen. Also ein Umweg weg von der Pazifikkueste durch das Landesinnere, um direkt nach Guatemala einzureisen. Und wenn Umweg, dann richtig. Ueber Copan, eine der wichtigsten Maya- Fundstaetten in diesem Land.

Kultur und Motorradfahren gehoeren, was mich betrifft, zusammen. Das Spiel auf zwei Raedern – abbremsen, schraeg legen und beschleunigen – scheint fuer mich die richtige Vorbereitung, um ueber Kultuer, Sinn und Unsinn dieses Lebens nachzudenken. Es wird die Konzentration auf den Grenzbereich zwischen Fahren und Absteigen sein, die in mir den Hunger nach dem Wahren, Schoenen, Guten entwickelt.

Die letzten 40 Kilometer nach Copan waren Berg- und Talkurven erster Guete. Kaum Verkehr von vorn und auch von hinten kein Aerger, nachdem die beste aller Sozias inzwischen das Fahren auf einer der letzten Rillen fuer eine normale Fortbewegungsart haelt. 40 km ein wunderbares Vergnuegen, bevor uns am naechsten Morgen die Wunderwelt der Mayas erwartete.



Die Mayas lebten in dieser Tempelstadt, die um 1900 wiederentdeckt wurde, in der Zeit von 600 vor Christus bis 900 nach Christus. Sie hatten sowohl eine aeusserst genaue Zeitrechnung, beginnend ca. 3000 vor unserer Zeitrechnung, als auch eine – heute entzifferte – Bild und Buchstabenschrift. Besonders bekannt sind die Mayas von Copan durch ihre Statuen, die die jeweiligen Herrscher aus wichtigen Anlaessen von sich anfertigen liessen. An den Seiten der Statuen sind Datum und Anlass eingemeisselt, so dass die Statuen heute den damaligen Ereignissen genau zugeordnet werden koennen.



Am meisten beeindruckt die Groesse und Weitlaeufigkeit der riesigen Anlage einerseits und die erhalten gebliebenen Detailarbeiten andererseits. Die Gruende fuer den in ganz Zentralamerika zu beobachtenden Niedergang der hochorganisierten Kulturen um 600 bis 800 nach Christus sind bis heute nicht bekannt.



Dicht hinter Copan war die Grenze nach Guatemala. Der zweite Rueckspiegel ging zu Bruch, als ich an einem quergerutschten LKW vorbei musste, der die nach beiden Seiten abschuessige und lehmseifige Piste blockierte. Nun sehe ich sowohl links als auch rechts jedes Mal Tiffany, wenn ich mich nach hinten orientiere. Geht auch.

Eigentlich wollte ich nicht nach Guatemala-City. Diese Metropolen sind mir ein Greuel. Ein- und Ausfahrten sind regelmaessig mit Trucks verstopft, die Container spazieren fahren. Und wenn das erst einmal ueberwunden ist, dann herrscht dahinter ein Chaos gleichberechtigter Strassen, die alle keine Namensschilder tragen. Spaetestens jetzt kommt die schwerste Pruefung. Man muss nach dem Weg fragen. Obwohl ich inzwischen gut Spanisch spreche, fuerchte ich nichts mehr als diese Antworten. Waere ich ein Einheimischer, wuerde ich wissen, dass ich erst einmal um den Block muss, bevor ich die richtige Einbahnstrasse erwische, waere mir klar, wo "vor dem Friedhof" ist, vor dem ich abbiegen soll und wuerde auch das Verwaltungsgebaeude von EMSA kennen, hinter dem es rechts weiter geht. Ich wuerde auch alle Strassengabelungen und Abbiegungen kennen, die in der Erklaerung fehlen und wuerde wissen, dass es sich bei der namenlosen Strasse nicht um die Santa Domenica handelt, die ich bis zum Ende durchfahren soll. Wenn ich Einheimischer waere, waere alles viel einfacher. Dann wuerde ich sowieso wissen, wo es lang geht.

Wirklich gefaehrlich wird es dann, wenn am Ende der Befragte seine Hand in Brusthoehe bringt, um sie mit dem Ausruf "Recto", "Directo" oder auch "Derecho" nach schraeg oben in die Luft zu werfen. Spaetestens dann ist der Krisenfall eingetreten. Er ruft – auf Deutsch – "Immer geradeaus" und das ist es mit Sicherheit nie. In der Regel endet man in einer Sackgasse, auf dem staedtischen Betriebshof oder in einer Einbahnstrasse in falscher Richtung. Inzwischen ziehe ich schon immer meinen Kopf ein, wenn ich diese Handbewegung auf mich zukommen sehe. Aber auch diese Schutzhaltung hat mir – ausser koerperlicher Unversehrtheit – bisher wenig gebracht. Zentralamerikanische Metropolen sind einfach nicht mein Ding. Und dennoch mussten wir nach Guatemala-City. Im Footprint-Handbook wurde eine Honda-Werkstatt versprochen, in der ich mir Ersatz fuer meine wegen Ueberladung gebrochenen Hinterradspeichen erhoffte.

Auf der Anfahrt herrschte Regenzeit. Wenn es in den vorhergehenden Tagen zwischendurch anstaendig geregnet hatte, so schuettete es nun aus allen Eimern. Ununterbrochen. Dazu vierspuriger Schwerlastverkehr in engen Kurven durch Wasserstroeme mit Geroell und zum Teil Kopf-grossen Gesteinsbrocken von den umliegenden Berghaengen. Das ist am Ende auf zwei Raedern wie Russisches Roulette und das Spiel mag ich ganz und gar nicht.

Keine weiteren Klagelieder. Ich fasse mich kurz. Die Honda-Werkstatt in Guatemala-City gehoert zum groessten Honda-Motorradzentrum Zentralamerikas. Super qualifiziertes Personal und super freundlich. Obwohl wir erst Freitag am Spaetnachmitag ankamen, war das Moto am Samstagmittag mit neuen Speichen versehen und durchgecheckt. Richtige Qualitaetsarbeit, die wir insbesondere dem Werkstattleiter Carlos de la Cerda Littow zu verdanken hatten.



Guatemala-City hat uns im Uebrigen nicht vom Sockel gerissen. Aber vielleicht lag es auch daran, dass das Wetter schlecht und unser Aufenthalt zu kurz war.

Der Sturzregen hielt in den nachfolgenden Fahrtagen an. Zum Glueck ist er nicht kalt, so dass man sich nur von trocken auf nass am ganzen Koerper umstellen muss. Wenn man sich erst einmal auf ein Motorradleben unter der Dusche eingestellt hat, ist das bis auf die fehlende Kiemenatmung in Ordnung. Auf dem nachfolgenden Bild zieht sich Gaby gerade ihre nassen Sachen wieder an. Das Bett ist in die Zimmermitte gerueckt, weil es dort weniger als an den Wandseiten durchregnete.



Am zweiten Tag nach Guatemala-City machten wir in Tehuantepec halt, einer Stadt auf der pazifischen Seite der gleichnamigen Landenge, die die beiden Weltmeere voeinander trennt.

Tehuantepec, ein Name, der die schwuele Hitze feuchter Tropennaechte, die betoerende Suesse laehmenden Nichtstuns und die Unaufhaltsamkeit eines Lebens in suendiger Wollust verspricht.

So jedenfalls ein Roman, den ich einmal vor Jahren gelesen habe. Tatsaechlich sieht das Staedtchen aus wie viele andere in dieser Gegend. Von den Verheissungen des Romans hat es offensichtlich nichts abbekommen. Es regnete immer noch, der Geldautomat funtionierte und Gaby zog sich zum xten Mal in der Hoffnung auf eine Wetterbesserung die Regenkleidung aus.



Mit Ruecksicht auf den Zeitplan hatten wir uns entschieden, von Tehuantepec aus ueber Oaxaca, Puebla, um Mexico-City herum, dann in Richtung Guadalajara nach Mazatlan, dem Faehrhafen gegenueber Baja California zu fahren. Hierbei wollten wir zwei kulturelle Highlights, den Monte Alban und Teotihuacan besuchen.

Die Fahrt nach Oaxaca war ein nicht enden wollendes Vergnuegen. Es hoerte tatsaechlich auf zu regnen, die Strecke trocknete ab und dann kamen 200 km Kesselberg rauf und runter. Muenchner werden wissen, was das heisst. Achterbahn fahren ohne Grenzen.

Im Uebrigen lernte ich wieder einiges dazu. Die wenigen Lastwagen, die vor mir her fuhren, brachten mir das kleine Einmaleins mexikanischer Blinkzeichen bei. Wenn vorausfahrende LKWs links blinken, hat das im Wesentlichen zwei Bedeutungen. Entweder heisst es: "Du kannst vorbeifahren, nichts kommt entgegen." Oder es heisst das genaue Gegenteil. Rechts blinken bedeutet im Grunde das Gleiche. Wenn man in der Interpretation unsicher ist, verlaesst man sich am besten auf die Handzeichen. Bei einfachem Vorbeiwinken sollte man im eigenen Interesse nicht zoegern. Bei energischen Winkzeichen tut man gut daran, einen Gang zurueckzuschalten und die Kuh fliegen zu lassen. Denn dann besteht in Wirklichkeit nur noch eine hauchduenne Chance, ungeschoren vorbeizukommen.

Inzwischen ist mir die mexikanische Blinkerei vertraut. Links bzw. rechts blinken gilt fuer alle beliebigen Richtungsaenderungen. Als drittes gibt es die Warnblinkanlage, die ungefaehr genauso haeufig wie die Richtungsanzeiger eingesetzt wird. Sie vereinigt alle Signale von "Achtung, ich ueberhole" bis "Jetzt fahre ich rechts ran" in sich. Sie wird aber auch als allgemeines Warnsignal, am fliessenden Verkehr teilzunehmen, genutzt und verstanden.Wenn in Mexico nicht mehr Verkehrsunfaelle passieren, dann liegt es daran, dass alle die Bedeutungsvielfalt der Blinkzeichen kennen und sich danach richten. Ich inzwischen auch.

Der Monte Alban nahe der Stadt Oaxaca ist eine vor vielen Jahrhunderten verlassenen Stadtsiedlung, die auf einem aus dem weiten fruchtbaren Talboden aufragenden Bergruecken angelegt wurde. Die Gruendung geht auf das 6. Jahrhundert vor Christus zurueck und wird den noch heute hier lebenden Zapotec-Indios zugeschrieben. Vieles an dieser immensen Stadtanlage mit ihren vielen Steinbildern ist und bleibt raetselhaft.



Nur die Ueberreste, die bis heute erhalten geblieben sind, legen Zeugnis ab von dem unglaublich hohen Organisationsgrad der Gesellschaft, die vor mehr als 2000 Jahren einen ganzen Berg modelliert hat, um darauf Haeuser, Palaeste und Tempelbauten in idealer Form anzulegen.



Bei unserer Planung hatten wir uns gegen Mexico-City und seine 20 Millionen Einwohner entschieden. Es heisst, man muesste einen halben Tag investieren, um reinzukommen und raus wuerde es genauso lange dauern. Das wollten wir uns nicht antun und die Stadt auf dem Weg zur groessten antiken Fundstaette Teotihuacan umrunden. Es ist uns nicht gelungen, obwohl wir immer einen Abstand von ca 50 km zum Stadtzentrum einhielten.

Schon am Abend der Anfahrt blieben wir fuer eine Stunde im mexikanischen Stop-and-Go- Wirrwarr haengen. Das Chaos erinnerte mich an Lima, wird aber in den Vororten von Mexico- City durch eine Besonderheit verschaerft. Auf Schnellstrassen wie in kleinen Gassen gibt es Bodenschwellen, "Topes" oder auch "Schlafende Polizisten" genannt, die den Verkehr abbremsen sollen. Sie sind recht unterschiedlich, mal aus Beton, mal Asfalt, mal Steine, scharfkantig oder rund, mal so hoch das selbst die Transalp mit dem Hauptstaender haengen bleibt, mal flacher, dass man sie mit Schrittgeschwindigkeit ueberfahren koennte. Sie tauchen in beliebiger Reihenfolge, mal eng beieinander, mal hunderte Meter voneinander entfernt auf. Sie werden angezeigt oder auch nicht. Der Effekt ist immer der gleiche. Alles rast im wilden Spurwechsel bis zum naechsten Tope. Dort wird mit Ruecksicht auf Stossdaempfer und Oelwanne bis auf 0 abgebremst. Waehrend fliegende Haendler die Gelegenheit nutzen und einem alles Moegliche und Unmoegliche aufschwatzen wollen, versucht jeder sein Fahrzeug unbeschaediigt ueber das Hindernis zu bringen. Und weiter geht die wilde Jagd bis zum naechsten Tope.

Am besten macht sich das Ganze, wenn diese Hindernisse direkt vor und hinter einer Ampel angelegt sind. Dann ist das Chaos grenzenlos. Es wird mit Haken und Oesen gefahren. Jeder versucht seine Haut so teuer wie moeglich zu verkaufen. Ich auch, selbst dann wenn ich wegen fehlender Strassennamen und Hinweistafeln gar nicht mehr weiss, ob ich ueberhaupt noch in der richtigen Richtung unterwegs bin. Nur an den Topes herrscht jedes Mal fuer eine kurzen Augenblick Waffenruhe.

In Teotihuacan sind die Ueberreste einer 250 000 Einwohner-Grossstadt zu besichtigen, die ungefaehr in der Zeit von 300 vor bis 600 nach Christus bestand. Es ist bis heute ungeklaert, um welches Volk es sich gehandelt hat, welche Gruende zu dieser Bluetezeit und dem anschliessenden Niedergang gefuehrt haben. Die Stadt wurde so vollstaendig aufgegeben, dass die spaeter dort lebenden Azteken den vorgefundenen Gebaeuden neue, eigene Namen geben mussten. Der bisher ausgegrabene und restaurierte Tempelbereich besteht aus einer 4 km langen Prachtstrasse, die links und rechts von Tempeln, Palaesten und Pyramiden gesaeumt wird. Das groesste als Sonnenpyramide bezeichnete Bauwerk mit einer Grundflaeche von 213 mal 213 Metern und 64 Metern Hoehe entspricht in seinen Ausmassen annaehernd der grossen Cheops-Pyramide in Aegypten.



Die ganze Anlage ruft unglaeubiges Staunen hervor. Leider sind im Wesentlichen nur die Grundmauern erhalten geblieben. Lediglich ein Wandbild besteht noch, das einen Eindruck davon vermittelt, wie die gesamte Prachtstrasse in ihrer Bluetezeit ausgesehen haben mag.



Obwohl 50 km von Mexico-City entfernt brauchten wir anschliessend zwei Stunden, um auf die Autobahn in Richtung Guadalajara zu kommen. Nur 20 Kilometer, aber jeder Meter Hauen und Stechen, mal Schritttempo mal Hundert.

Mexikanische Autobahnen sind teuer. Fuer eine Strecke von 200 km zahlten wir den PKW-Preis von umgerechnet 60 Mark. Lastwagen zahlen das Vierfache. Der hohe Preis hat eine schlechte Seite - das Geld ist weg - und eine gute. Wer die Einsamkeit liebt, ist hier richtig. Die Mexikaner riskieren lieber Kopf und Kragen auf ihren verstopften Landstrassen, brettern lieber mit PKWs, Bussen und ihren 9-achsigen Lastzuegen durch die Ortschaften, selten unter Hundert, als diese Preise zu bezahlen. Man kann das immer dann gut beobachten, wenn die Landstrassen parallell zur Autobahn verlaufen. Noch nicht einmal Raststaetten oder Tankstellen stoeren die Autobahn- Einsamkeit. Bei diesem Verkehrsaufkommen lohnt sich das auch nicht. Wie sagte Asterix schon ganz richtig? "Ils sont fous, les Romains." "Die spinnen, die Roemer." Wer fuer diesen Unsinn verantwortlich ist, muss bescheuert sein.

Als wir nach 450 km endlich in La Piedad, einem Staedtchen ca. 200 vor Guadalajara ankamen, war ich ziemlich am Ende. Einige werden das Gefuehl kennen, dass man selbst zium Anhalten zu muede ist. Es war schon dunkel und kein Hotel weit und breit zu sehen. Eine Tankstelle schien uns die letzte Rettung. Und das war sie dann auch. Nicht die Tankstelle selbst, sondern unser Stop. Wir standen noch nicht, als ein Mexikaner mit ausgebreiteten Armen auf uns zukam. Alipio. Er sei selbst Africa-Twin-Fahrer, Praesident des gerade ins Leben gerufenen Moto-Clubs von La Piedad, usw. , usw.. Im Handumdrehen waren wir in einem Super-Motel zu einem Super-Preis (10 Dollar) untergebracht. Der anschliessende Abend wird uns als einer der schoensten in Erinnerung bleiben. Erst mussten wir sein Moto und seine Familie, seine Frau und seine zwei kleinen Kinder, kennenlernen. Anschliessend gab es mexikanische Spezialitaeten, naemlich Schweine-Kaese und wunderbar erfrischendes Bier. Natuerlich haben wir Benzin geredet. Er hat als Grundschueler mit dem Motorradfahren angefangen. Sein Grossvater hat ihm damals seine NSU-Fox geliehen, damit er selbst zur weit entfernt liegenden Schule fahren konnte und nicht gebracht werden musste.

Heute ist er Arzt, spezialisiert auf Urologie, Anfang, Mitte 30. Nach seiner Heirat, sagt er, hat er ein neues Leben begonnen. Er habe mit allem gebrochen, auch mit der Religion, und sei zum Buddhismus uebergetreten, nur Motorradfahrer sei er geblieben. Motorradfahren sei fuer ihn mehr, auch Lebenseinstellung. Darueber konnten wir uns schnell einig werden. Am liebsten waere ich in La Piedad laenger geblieben, um Alipio besser kennen zu lernen. Ausserdem haetten wir dann am diesjaehrigen mexikanischen Motorradtreffen in Zacatecas am 24.Juni teilnehmen koennen. Aber Alaska geht vor.

Am naechsten Morgen war grosse Verabschiedung und das Versprechen, sich in diesem Leben noch einmal wiederzutreffen.



Alipio verdanken wir es, dass wir Guadalajara, mit 5 Mio Einwohnern die zweitgroesste Stadt Mexicos kennengelernt haben. Nach unseren Erfahrungen mit Mexico-City waren wir fest entschlossen, um diese Stadt einen noch groesseren Bogen zu fahren. Aber Alipio stellte den Besuch der Stadt als so wichtig und einfach dar, dass wir uns ueberreden liessen. Wir muessen ihm auch dafuer dankbar sein.

Mit Guadalajara haben wir eine der schoensten, sichersten und am besten organisierten Staedte Lateinamerikas kennen gelernt. Von der Stadtgrenze bis zum Hotel im Zentrum waren es knapppe 20 km in knappen 20 Minuten. Immer auf gruener Welle, super ausgeschildert, zunaechst immer geradeaus, dann halbrechts, einmal links, nochmal links und runter in die Tiefgarage des Hotels. So einfach und unspektakulaer wie zu Hause.Der anschliessende Spaziergang durch das alte Zentrum gefiel uns gut. Ohne das Gefuehl, uns staendig vor drohenden Taschendieben und sonstigen Uebeltaetern schuetzen zu muessen. Wir waren so entspannt wie alle uebrigen Spaziergaenger. Auf dem Platz neben der Kathedrale spielte ein Orchester. Das Abendessen gab es unter freiem Himmel in einem Strassenlokal. Auch der Nachhauseweg im Dunkeln, sonst hoechste Alarmstufe, kam uns sicher vor. Die Stadt begeisterte uns so, dass wir entgegen dem geplanten Fruehstart noch den Vormittag blieben, um die Stadt in einigen Bildern festzuhalten.



Die anschliessende Abfahrt gelang uns wie die Ankunft. Wir waren auf der anderen Seite der Stadt genauso schnell wieder draussen, wie wir am Tag zuvor hineingefahren waren. Nach noch einmal 500 km kamen wir in Mazatlan an. Dort sitzen wir nun, haben Tickets fuer die Ueberfahrt nach Baja California gekauft und warten auf die Abfahrt der Faehre. Es sind Riesenschritte, mit denen wir uns den USA naehern. In ungefaehr 10 Tagen wollen wir dort ankommen.












Zur Unterstützung von Germut bitte Werbebanner anklicken bzw. Nutzer bei Hurra.de werden.
Motorradonline24